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#Das Recht der freien Entscheidung - gilt für alle Lebewesen!

Vor einer ganzen Weile führte ich ein bewegendes Gespräch mit Katze Anni, die im Frühjahr diesen Jahres für einige Wochen bei uns lebte. Ihr Einzug war vorerst ein Probelauf, hinter dem natürlich der Gedanke stand, Anni für immer in unserer Familie zu behalten.

 

Unser junges Katzenmädchen Tilda hatte in dieser Angelegenheit uneingeschränktes Mitsprache-Recht, denn was nützt es, einer Seniorin ein Zuhause zu geben, wenn nachher keiner der Beteiligten damit glücklich ist? Tilda willigte ein, es zu probieren und Anni zog bei uns ein.

 

Um es kurz zu machen: es klappte nicht.

Tilda jagte Anni von einer Ecke in die andere, schlich hinter ihr her, wenn sie das Haus erkunden wollte, stürzte sich auf sie, wenn sie schlief, lauerte ihr vor der Katzentoilette auf. Dahinter stand keine Bösartigkeit: Tilda ein Katzenkind, Anni eine gestandene Katzedame in den besten Jahren - das birgt von Haus aus einiges an Zündstoff, egal in welchem Körper man gerade steckt.

 

Wir probierten einige Wochen lang nahezu alles aus. Mittlerweile lagen Annis Nerven blank, die Nacht verbrachte sie im Erdgeschoss, wir anderen verbarrikadierten uns im Obergeschoss - war dies doch die einzige Möglichkeit für alle Beteiligten, an Entspannung und auch Schlaf zu gelangen.

 

Die junge Tilda wurde immer nervöser, fahriger und fuhr wegen Kleinigkeiten aus der Haut, schlug nach jedem, der ihr zu nah kam. Sie hatte sich den Einzug einer Artgenossin wahrlich anders vorgestellt.

 

Auch Anni war kreuz-unglücklich. Von Haus aus ein eher ruhiges, zurückhaltendes und sehr liebes Naturelle war sie nun rund um die Uhr auf der Hut vor den plötzlichen Attacken des Jungvolks. Sie hockte fast nur noch in Hab-Acht-Stellung auf höher gelegenen Sitzmöbeln und ihr Blick wirkte gehetzt. Das steigerte sich von Tag zu Tag - die Situation eskalierte.

Ich konnte keine 24h Rundum-Betreuung mit Blick auf die Katzen gewährleisten und Tilda nutzte jede noch so kleine Situation, Anni doch noch zur Jagd, zum Spiel, zu irgendetwas zu animieren. Ich verzweifelte zusehends an der Situation, wollte aber eine lange Zeit einfach nicht wahrhaben, worauf es hinauslief.

 

Irgendwann... sah ich den nackten Tatsachen ins Auge.
Die Katzen mochten sich nicht. Beide zeigen deutlich, das sie nicht miteinander leben wollten.

Anni gefiel es zwar bei uns und schickte mir, sie würde sehr gern bleiben - bat jedoch darum, das Tilda auszog. Ein Leben mit diesem wildgewordenen Handfeger konnte und wollte sie sich nicht vorstellen.

 

Tilda fand Anni mimosenhaft,  schrecklich langweilig und hatte schon lange die Nase voll von dem Gehühner. Und sie blieb - trotz Tierkommunikation - recht unbeeindruckt ob meiner Bitten, sich doch wenigstens e t w a s  zurückzunehmen.

 

Im nachhinein ist mir völlig klar, das eine zehn Monate alte Katze der Bitte, sich ruhig und still zu verhalten, unmöglich nachkommen kann. Das wäre ja in etwa so, als wenn Du Deinen fünfjährigen Sohn bittest, seinen kindlichen Spiel- und Bewegungsdrang zu unterdrücken- und das gleich für mehrere Tage, ja Wochen am Stück. Still zu sitzen und leise zu sprechen, nicht laut zu lachen und schon gar nicht zu toben. Ein Ding der Unmöglichkeit. Und ja, auch mithilfe von Tierkommunikation nur sehr bedingt zu beeinflussen-denn ein mentales Gespräch ist eben keine Gehirnwäsche. Wir können unsere Tierfreunde um Hilfe bitten, an ihren guten Willen appellieren - dennoch macht ein mentales Gespräch unsere Tiere weder zu Marionetten, noch zu unseren Dienern. Gott sei Dank!

 

Mein Mann war inzwischen kurz davor, sich dem Gefauche und Geschreie, das seit Wochen im Haus herrschte, durch Flucht in ein schönes, ruhiges Hotelzimmers zu entziehen.

Für mich stand mittlerweile fest, das ich diese beiden Geschöpfe nicht auf Teufel komm 'raus zusammenbringen würde - zu unterschiedlich waren ihre Bedürfnisse in der jeweiligen Lebensphase. Schließlich wollte ich kein Exempel statuieren, sondern einfach ein glückliches Familienleben führen.

 

Tilda und Anni hatten also entschieden. Und ich akzeptierte ihre Entscheidung - schweren Herzens.

 

 

Lange Rede, kurzer Sinn: Wir fanden eine andere Möglichkeit für Anni und brachten dieses liebe Katzenwesen mit Sack und Pack in ihr neues Zuhause.

 

Fortan tobte der Zweifel in mir, ob das denn nun wirklich so richtig sei. Es war, als hätte ich sie im Stich gelassen, wo sie doch meine Hilfe brauchte. Ich empfand starke Schuldgefühle und hatte ein unglaublich schlechtes Gewissen Anni gegenüber. Ehrlich: es fühlte sich an, als hätte ich sie verraten und verkauft :(

Sich verantwortlich fühlen.

Anni zieht ein.

Die Nerven liegen blank.

Ein Gespräch ist ein Gespräch, keine Gehirnwäsche.

Die Katzen hatten entschieden - und ich akzeptierte.

Verraten und verkauft.


GEspräch mit Anni.

Hier ein Auszug aus dem Gespräch mit Anni, nachdem sie bereits ausgezogen war.
Das, was sie mir sagte, trieb mir die Tränen in die Augen und hallt bis heute in mir nach.

Nachdem ich mich erkundigt hatte, wie es ihr ging und mich erneut mehrfach entschuldigte, das sie nicht bei uns bleiben konnte, und wie leid mir das doch täte, unterbrach Anni mich vehement:

„Jetzt lass es aber mal gut sein! Nur, weil wir einige Wochen miteinander verbracht haben und ich bei Euch gewohnt hab, heißt das doch nicht, das Du für mein ganzes weiteres Leben verantwortlich bist! Ich komme zurecht. Es ist eine merkwürdige Eigenart, das ihr Menschen Euch immerzu für etwas verantwortlich fühlt, selbst wenn es gar nicht in Eurem „Bereich“ liegt. Es war eine gute Zeit bei Euch - wenn man davon absieht, das ich jederzeit im Schlaf und von hinten angefallen werde konnte. Nun ist diese Zeit zu Ende und es ist in Ordnung für mich, wie es ist. Das sollte es nun auch für Dich sein.“


In ihrer klaren, schlichten Weise zeigte Anni mir, das es keinen Grund gibt, sich schlecht zu fühlen. Mit ihrer Sicht auf die Dinge nahm sie mir mal eben die Schuldgefühle und das schlechte Gewissen ab.

 

Und auch, wenn ich weiterhin traurig darüber bin, das es mit dieser Familienzusammenführung nicht geklappt hatte - ich fühle mich nicht mehr schuld daran.

Jedes Lebewesen trifft eigene Entscheidungen.

Jedes Lebewesen trifft seine eigenen Entscheidungen.

Und auch, wenn wir manchmal so tun, als sei es so: Unsere Tiere sind keine unmündigen Geschöpfe, die nicht wissen, was sie tun.

 

Und ganz genauso, wie ich die Entscheidung dieser beiden wundervollen Katzenwesen akzeptiere, nicht miteinander leben zu wollen, so kann ich jetzt entscheiden, Annis Ratschlag anzunehmen. Anni, Tilda und ich- wir haben uns auf einem Stück des Weges getroffen, und dennoch heißt das nicht, das ich für Annis weiteres Leben verantwortlich bin.

 

Bitte nicht falsch verstehen: Es geht hier nicht ums abschieben. Es geht nicht ums wegsehen, wenn jemand Hilfe braucht. Es geht es nicht darum, Verantwortung abzugeben und es geht verdammt noch mal auch nicht darum, aufzugeben.

 

Vielmehr geht es um Achtung. Und Respekt. Und zwar vor den Entscheidungen, die andere Geschöpfe - sei es nun Mensch oder Tier - für ihr eigenes Leben treffen. Gestehen wir unseren Tieren doch zu, diese eigenen Entscheidungen treffen zu können. Vielleicht hören wir dann auch einfach damit auf, Entscheidungen, die andere treffen, nach unseren eigenen Maßstäben zu bewerten.

Tiere treffen ihre eigenen Entscheidungen, genau wie wir Menschen.


Nachtrag: Ein wort zur FAmilienzusammenführung.

Umso wichtiger, das es bei einer Familienzusammenführung einen Plan B gibt. Denn es kann sein, das es nicht klappt. Siehe Tilda und Anni. Das die Beteiligten sich eben nicht vorstellen können, ihr restliches Leben miteinander zu verbringen. 

 

Bitte denkt daran, wenn ihr einen kleinen Welpen oder einen Artgenossen oder einen weiteren tierischen Mitbewohner ins Haus holt: in der Regel haben unsere Tiere bei solch weitreichenden Entscheidungen so gut wie kein Mitspracherecht. Wir entscheiden das "mal eben" für sie und dann muss es halt klappen.

 

Hierbei ist Tierkommunikation ein wertvolles Instrument, einander noch besser zu verstehen und die Entscheidungen des anderen zu respektieren.

 

Danke liebe Anni💕,

das Du bei uns warst und mein Leben mit Deinem klaren Denken und Sein so bereicherst.

 

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Kommentare: 13
  • #1

    Barbara Bartz (Samstag, 22 September 2018 20:41)

    Autsch, dann hoffe ich mal, daß ich keinen Fehler gemacht habe mit meiner/unserer Entscheidung, Bibi aufzunehmen..... Ich hoffe einfach, darauf dass beide Jungs am Ende, das bekommen was sie brauchen. Für sie dagegen denke ich, passt es auf jeden Fall ��❤️

  • #2

    Antwort für Barbara :) (Samstag, 22 September 2018 20:53)

    huhu meine Liebe,
    in vielen Fällen sind unsere Tiere uns sehr wohlgesonnen, tragen es mit Fassund und versuchen es - für uns. Insbesondere dann, wenn es um ein junges Hundemädchen geht - wie bei Euch :).
    Und ganz wichtig: Eure beiden Burschen sind ja noch laange keine Senioren - das spielt auf jeden Fall eine Rolle!

    Viele Menschen denken, wenn der zweite Hund geht, müsse für den anderen schnell wieder Ersatz her, weil der es ja gar nicht aushält allein zu sein. Dabei bleiben gerade die Senioren häufig ganz gern allein mit ihren Menschen und genießen es oftmals, alle Zweibeiner für sich zu haben. Welpen nerven, aber richtig!

    Ich glaube, die Gefahr besteht bei euch nicht.
    Ich finde, das sieht schon sehr gut aus :)

    Liebe Grüße schickt Euch
    Claudi

    Eigentlich war ja auch gar nicht die Familienzusammenführung Thema, sondern die Entscheidungen, die nicht nur wir, sondern auch unsere Tiergeschöpfe treffen.
    Hängt irgendwie alles miteinander Zusammen.

    Drück Dich!

    Liebe Grüße
    Claudi

  • #3

    Füsi (Samstag, 22 September 2018 21:04)

    Freiheit
    Stets im Sinne aller Beteiligten und deren Bedürfnisse zu agieren- diese Verantwortung und den Mut Entscheidungen zu treffen, das ist eine Freiheit, die ich dank deiner Hilfe guten Gewissens treffen konnte und künftig kann. Du bist für uns alle ein Geschenk♥️

  • #4

    Antwort für Freiheit (Samstag, 22 September 2018 21:09)

    Ach, Liebe - danke Dir sehr!
    Ich hoffe, ihr findet Euren Weg weiterhin - allen Widrigkeiten des Stadtlebens zum Trotze. Denn es ist nicht das außen, was zählt - was nützt das schönste Außen, wenn die Menschen, die man liebt und denen man vertraut, nicht dabei sind?

    Ich drück Dich! Danke fürs darauf einlassen, mitfühlen und immer das beste für die Dir Anvertrauten fühlen und entscheiden!

    Claudi

  • #5

    Yvonne (Samstag, 22 September 2018 23:34)

    Hallo liebe Claudi
    Ich kenne das Gefühl und diese Zweifel die du beschreibst.
    Tiere treffen Entscheidungen ..und diese sind manchmal für uns nicht leicht, ..wir fühlen uns dann so, als hätten wir versagt!
    Doch hätten wir nicht eher versagt, wenn wir versuchen würden mit aller Macht unseren Plan durchzusetzen!??
    Du hast so Recht!
    Es hat mit Achtung zu tun und damit die Tiere als eigenständiges Wesen zu respektieren!
    Mit all ihren Bedürfnissen die vielleicht auch nicht immer unseren entsprechen!
    Ich denke, das größte Geschenk hast du Anni sicher damit gemacht, sie freizulassen,obwohl du es dir so sehr anders gewünscht hättest und sie sich eigentlich ja auch!
    Wie sagt man so ?
    Lieben heißt manchmal auch loslassen !
    Ich drück dich
    Yvonne

  • #6

    ute (Sonntag, 23 September 2018 00:14)

    Vielleicht hören wir einfach damit auf Entscheidungen, die andere treffen , nach seinen eigenen Maßstäben zu bewerten.
    Wie schön wäre es wenn viele Menschen das beherzigen würden�
    Wie immer hast Du, liebe Claudi, wunderbare Worte gefunden.

  • #7

    Sabine (Sonntag, 23 September 2018 08:03)

    Unser Denken und unsere Empfindungen entscheiden sich oftmals ganz stark von dem unserer Tiere. Du hast es gut gemeint und wolltest aus menschlicher Sicht beiden gerecht werden. Deine anfänglichen Schuldgefühle gegenüber Anni kann ich schon verstehen. Jedoch hat Dein Gespräch mit ihr gezeigt, dass sie dies gar nicht will. Aufgrund Deiner Fähigkeit in der Tierkommunikation hast Du den Vorteil, dass Du fragen kannst,, was die Tiere wollen. Und Du hast die Entscheidung von Anni und Tilda respektiert, auch wenn es für Dich schmerzlich war. Dazu gehört etwas.

  • #8

    Katharina Graepler-Pollert (Sonntag, 23 September 2018 10:42)

    Liebe Claudi, du sprichst mir mal wieder aus der Seele. Denn auch ich bin der Meinung das die anderen Tiere Mitspracherecht haben. Genau das haben wir auch gemacht als unsere Feli eingezogen ist ( erst einmal auf Probe) Unser Julchen hat sie so liebevoll empfangen da war ich wirklich sprachlos. Und selbst die First Lady war ihr gegenüber sehr lieb. Nur das Felinchen war sehr, sehr zurückhaltend. Das kam aber weil sie extreme Angst hat wieder weg geschickt zu werden. Wir unterhalten uns zwischen durch mal und es wird immer etwas besser. Ihr Rucksack den sie mit gebracht hat ist aber auch mega schwer. Aber Bella und Juli helfen ihr ihn Stück für Stück aus zu packen.
    Wir alle haben entschieden das sie bleibt ♥️

  • #9

    Kati (Sonntag, 23 September 2018 14:32)

    Hallo,
    ich habe auch die Neigung zu entscheiden, wie ich glaube, dass es richtig ist. Aber wäre Lucky damals lieber ein Einzelkater geblieben? Ich fand es besser, wenn noch jemand da ist, der seine Sprache spricht, wenn wir mal nicht da sind. Fand er das auch?
    Ich kann einfach nur hoffen, dass ich gute Entscheidungen getroffen habe...

  • #10

    Martina (Sonntag, 23 September 2018 17:55)

    Hallo liebe Claudi,
    DANKE dass Du diese Erfahrung mit uns allen geteilt hast ..
    Wir Menschen (und besonders wir Frauen denke ich..) haben doch permanent ein schlechtes Gewissem bei vielem was wir tun (bzw. auch nicht tun ) -wollen wir es doch allen unseren Mitmenschen und Tiergefährten "recht " machen , was ja aber wie uns allen bekannt ist sowieso nicht funktioniert. ...und trotzdem versuchen wie es irgendwie immer wieder, stimmts ? Ich kann Dich so gut verstehen...
    Mir wäre es sicher ganz genauso gegangen , liebe Claudi.
    Gut, dass Du nun aber von Anni eine Antwort bekommen hast, mit der du bestimmt gut leben kannst....Du weißt nun das es so für sie in Ordnung ist.
    Sei ganz lieb umarmt :)

  • #11

    Holger Dädlow (Sonntag, 23 September 2018 19:08)

    Toller Beitrag liebe Claudi, regt zum Nachdenken an

  • #12

    Gisela (Donnerstag, 27 September 2018 19:44)

    Hallo. Claudi,

    Du hast sehr deutlich beschrieben, wie schwer es uns Menschen fällt, Entscheidungen von Tieren oder auch anderen Menschen zu verstehen und vor allen Dingen, dann auch ohne wenn und aber zu akzeptieren. Ein wunderbarer Blogartikel!
    Liebe Claudi, ich wünschte mir, daß ich all die Dinge, die ich jetzt durch dich erfahren habe, schon viel früher bei meinen Tieren hätte anwenden können. Es ist ja nie zu spät, Toleranz und Achtung für alle Lebewesen zu empfinden.

  • #13

    Tina (Hope) (Freitag, 28 September 2018 12:14)

    Liebe Claudi! Ich habe diesen Blog gerade erst gelesen. Du sprichst mir aus dem Herzen. Mir kommen die Schuldgefühle, der Zweifel die richtige Entscheidung getroffen zu haben und ob ich diesen liebenswerten, himmlischen Geschöpfen❤ alles das gebe, was sie brauchen und was sie möchten sehr bekannt vor.
    Ich glaube das die Menschen, die feinfühlig sind und sich vollkommen auf ein Tier ( auf gleicher Ebene) einlassen, schon auf einem guten Weg sind diesen wertvollen Geschöpfen ein schönes Leben zu bereiten. Und selbst wenn diese Menschen noch einen Zweifel hegen, gibt es ja zum Glück so liebevolle Menschen wie Dich.� Du bist eine Bereicherung auf allen Ebenen.
    Danke liebe Claudi ��❤